Der »Weltempfänger« nominiert seit 2008 belletristische Neuübersetzungen aus aller Welt, um damit herausragende literarische Stimmen im deutschsprachigen Raum bekannt zu machen.
Die Bestenliste Nr. 59 als PDF downloaden oder als Plakat bei Litprom anfordern: litprom@buchmesse.de
Die Jury: Timo Berger, Katharina Borchardt, Sonja Hartl, Carsten Hueck, Claudia Kramatschek, Ines Lauffer und Ulrich Noller
Idee: Ilija Trojanow
[Zitat rechts aus: »Gebrochen-Weiß« von Astrid H. Roemer, Übers. Bettina Bach, Platz 1]
Die Route der Weltempfänger-Sommerreise: Suriname, Indien, Brasilien, Mexiko, Simbabwe und Sri Lanka.
Von verhängnisvollen Autofahrten in der Großstadt, Angeln in der Pampa, Familienkrisen und diktatorischen Pferden erzählen sechs Romane und eine Graphic Novel.
»Gebrochen-Weiß« (Ü.: Bettina Bach) von Astrid H. Roemer verbindet Familien- und Kolonialgeschichte der Niederlande in Suriname. Ausgehend von tödlichen Autounfällen geht Deepti Kapoor in »Zeit der Schuld« (Ü.: Astrid Finke) den Verstrickungen ihrer Figuren nach. Die Graphic Novel »Hör nur, schöne Márcia« (Ü.: Lea Hübner) von Marcello Quintanilha illustriert in starken Farben, wie die Heldin Márcia sich in den Favelas Rio de Janeiros durchschlägt. »Leere Menge« (Ü.: Birgit Weilguny) von Verónica Gerber Bicecci nutzt geometrische Figuren, um Beziehungen zu verdeutlichen. »Glory« (Ü. Jan Schönherr) von NoViolet Bulawayo erzählt mit Tierfiguren von der Diktatur in Simbabwe. In der argentinischen Pampa angeln Männer einen Rochen in Selva Almadas »Kein Fluss« (Ü. Christian Hansen). Damani, die Protagonistin in »Dein Taxi ist da« (Ü. Mayela Gerhardt) von Priya Guns führt als Fahrerin ein prekäres Leben, bis sie auf die reiche Jolene trifft.
Eine Familie voller Traumata: Das sind die Vantas aus Suriname. Der familiäre Hautfarbenmix zeugt davon, wie sehr ehemalige Sklav*innen und Plantagenbesitzer*innen längst miteinander verschmolzen sind. Oma Bee nennt sie daher »gebrochen-weiß«. Eine niederländisch-surinamische Familiensaga, die es in sich hat.
Katharina Borchardt
Astrid H. Roemer wurde 1999 für ihren Roman »Könnte Liebe sein« (Lijken op liefde. Aus dem Niederländischen von Christiane Kuby, Berlin Verlag 1998) mit dem LiBeraturpreis ausgezeichnet.
Fünf Obdachlose werden in Delhi überfahren. Hinter dem Steuer: Ajay, Diener
des schwerreichen Unternehmersohns Sunny. Ebenfalls am Unfallort: Sunny
und die Journalistin Neda. Was ist passiert? Ein rauschhafter, mitreißender und
faszinierender Blockbuster-Roman über Verbrechen, Väter, Hyperkapitalismus
und das moderne Indien.
Sonja Hartl
Schrill, farbenstark, lyrisch und sentimental. Einblicke in die Welt der Favelas:
Márcia ist Krankenschwester in Rio de Janeiro. Eine Kämpferin, gestresst, doch
mit großem Herzen. Als Drogenbanden und Militärpolizei ihr Leben aufmischen,
nimmt sie ihre ganze Kraft zusammen — und fängt von vorne an. Weibliches
Empowerment in starken Bildern.
Carsten Hueck
Wo der Hauptfigur Verónica die Worte ausgehen, greift sie zum Zeichenstift.
In Diagrammen analysiert sie ihre Beziehungen, die von Verlust und Abwesenheit
geprägt sind. Ein kluges, kurzweiliges Buch, das auch über eine Generation
junger Mexikaner*innen spricht, deren Eltern einst als Exilant*innen ins Land
kamen.
Timo Berger
Beißend komisch und tieftraurig zugleich liefert »Glory« die afrikanische Variante
von »Farm der Tiere«: eine bitterböse glänzende Satire über die jüngste post-
wie neokoloniale Geschichte Simbabwes, in der Tiere statt Menschen sprechen
und orale Erzähltradition auf Social-Media-Neusprech trifft.
Claudia Kramatschek
Almada erzählt ungemein dicht über Machismo und beengte Dorfgemeinschaft
irgendwo in Argentinien: Drei Männer — breitbeinig, abgestützt, zurückgebeugt —
angeln einen Rochen, hängen ihn an einen Baum, schmeißen ihn zurück — und
was so sinnlos wie logisch erscheint, gleitet übergangslos ins Hyperrealistische.
Ines Lauffer
Prekäre Verhältnisse: Taxifahrerin Damani fährt und führt uns zu denen,
die die Metropole am Laufen halten, selbst aber kaum durchkommen.
»Method Writing«, schnodderig erzählt und spitz dramatisiert. Eine queere
Story mit globalem Touch, die hoch unterhaltsam auch von Rassismus
und Klassismus erzählt.
Ulrich Noller
* nominiert für den LiBeraturpreis 2024
** Die Übersetzung der Titel wurde unterstützt durch Litprom mit Mitteln des Auswärtigen Amts
Kontakt:
Marcella Melien
Tel.: 069/2102-246
E-Mail: melien@buchmesse.de