Abo / Reihe Weltempfänger

Die Reihe »Büchergilde Weltempfänger« 2022


Ángel Santiesteban (Kuba) »Stadt aus Sand«

Erzählungen. Aus dem Spanischen von Thomas Brovot. Mit einem Nachwort von Paul Ingendaay.

Reihe Büchergilde Weltempfänger, Band 8. Flexcover, Kopffarbschnitt, Lesebändchen, 256 Seiten.
22,00 Euro.

So ungeschönt wie Ángel Santiesteban erzählt kaum ein anderer kubanischer Schriftsteller vom Überlebenskampf auf der Karibikinsel — kein Wunder also, dass die Texte des einstmals gefeierten und mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichneten Autors in Kuba nicht mehr publiziert werden. Mit klugem Witz und scharfer Ironie tritt er den Machthabern auf die Füße, erzählt mal parabelhaft, mal schmerzhaft realistisch von kleinen und großen Fluchten: Auf Sand gebaut sind die Träume der jungen Frauen vom Land, die in Havanna gestrandet sind. Ein Mann errichtet eine Schiffsanlegestelle in der Ödnis, kein Wasser weit und breit — warum, das weiß nur er selbst. Der Comandante leidet unter Diarrhö: Hüte sich, wer in seiner Nähe ist!

Mit drastischen Bildern, aber auch voller Poesie zeichnet Santiesteban in seinen Stories »das Gegenbild der falschen Havanna-Romantik mit ihrer Revolutionsnostalgie«. (Paul Ingendaay)

Informationen zum Band auf der Website der Büchergilde.

Ángel Santiesteban
(geb. 1966 in Havanna, Kuba) war jahrelang der gefeierte Autor seiner Generation und wurde mit allen wichtigen nationalen Literaturpreisen ausgezeichnet. Nachdem er einen regimekritischen Blog zu veröffentlichen begann, wurde er in einem politischen Prozess zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. 2015 wurde er auf internationalen Druck freigelassen. Im Juli 2021 nahm er an den Protesten gegen die Regierungspolitik teil und lebt seitdem an wechselnden Orten. Santiestebans Texte werden in Kuba seit vielen Jahren nicht mehr publiziert. Zuletzt auf Deutsch erschien sein hochgelobter Erzählungsband Wölfe in der Nacht (Übers. Thomas Brovot, S. Fischer 2017. Die Übersetzung wurde gefördert von Litprom mit Mitteln des Auswärtigen Amts).

Thomas Brovot
übersetzt aus dem Spanischen, Französischen und Englischen (u. a. Werke von Mario Vargas Llosa, Federico García Lorca, André Aciman, Jean-Baptiste Andrea) und lebt in Berlin. Seine Arbeit wurde mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Paul-Celan-Preis.

Umschlagmotiv: von einer Mauer in Havanna, Kuba
Street Artist: The Rebel Bear (nach einem Foto von Ton Valentim) / Fotograf*in: unbekannt


Frank Martinus Arion (Curaçao): »​Doppeltes Spiel«​

Roman. Aus dem Niederländischen neu übersetzt und mit einem Nachwort von Lisa Mensing.

Reihe Büchergilde Weltempfänger, Band 7. Flexcover, Kopffarbschnitt, Lesebändchen, 400 Seiten.
24,00 Euro.

Als sich vier Nachbarn wie jeden Sonntag unter der Sonne Curaçaos zum Dominospiel treffen, liegt mehr in der Luft als nur der Siegeswille. Mit jedem Stein, der auf den Dominotisch knallt, mit jedem Glas Rum wird die untergründige Spannung zwischen den Männern greifbarer, werden die Diskussionen um Politik, Bildung, die Dominanz der Weißen lauter — ebenso wie die um die Frauen. Als die Schatten länger werden, ist ein Drama nicht mehr abzuwenden.
Arion, ein Schwarzer Autor, schrieb diesen Roman in niederländischer Sprache und ausschließlich aus der Sicht Schwarzer Charaktere: 1973 ein Novum in der Literatur der Antillen.
Ein packendes Gesellschaftsporträt in neuer Übersetzung.

Informationen zum Band auf der Website der Büchergilde.

Frank Martinus Arion (1936–2015), geboren auf Curaçao, siedelte 1955 nach Leiden über und studierte und arbeitete dort am Institut für Niederlandistik. Ab 1981 lebte er wieder auf seiner Heimatinsel, wo er mit einer Arbeit über die Ursprünge der Papiamentu-Sprache promovierte. Doppeltes Spiel ist sein Debütroman und zählt zu den Klassikern der Literatur in niederländischer Sprache. 2017 wurde dieser von Ernest Dickerson (u. a. The Wire) verfilmt. In seinen Romanen, Erzählungen, Gedichten und Essays reflektierte Arion die Themen Kolonialismus und Diskriminierung.

Lisa Mensing lebt in Münster und arbeite dort als Literaturübersetzerin und Literaturwissenschaftlerin. Sie übersetzt Prosa, Theaterstücke, Kinder- und Jugendliteratur und Poesie aus dem Niederländischen. Seit 2021 ist sie Mitglied im Verband deutscher Übersetzer:innen (VdÜ).

Umschlagmotiv: Von einer Mauer in Willemstad, Curaçao
Street Artist: Jhomar Loaiza, jhomarloaiza.com / Fotograf: Michael Prophet


Damon Galgut (Südafrika): ​»Das Versprechen«

Roman. Aus dem Englischen von Thomas Mohr.

Reihe Büchergilde Weltempfänger, Band 6. Flexcover, Kopffarbschnitt, Lesebändchen, 312 Seiten. 
24,00 Euro.

»Das Versprechen« erzählt vom Niedergang einer weißen südafrikanischen Familie: Auf einer Farm außerhalb Pretorias versammeln sich die Swarts zur Beerdigung der Mutter Rachel, die mit vierzig an Krebs stirbt. Die jüngere Generation, vor allem die Geschwister Anton und Amor, verachtet vieles von dem, wofür die Familie steht — nicht zuletzt hadert Amor, die Jüngste, mit einem Umstand: Nach jahrelangem Dienst wurde Salome, der schwarzen Frau, die viele Jahre für die Swarts gearbeitet hat, ein eigenes Haus, eigenes Land versprochen ... doch irgendwie bleibt dieses Versprechen mit jedem Jahrzehnt, das vergeht, unerfüllt, halten die Swarts an ihren alten Privilegien fest, während sich das Land um sie herum zunehmend verändert.
Mit großer erzählerischer Kraft und nah an den Figuren schildert Damon Galgut eine Familiengeschichte, die sich über dreißig Jahre des politischen Umbruchs in Südafrika erstreckt — von der Apartheid bis hin zur Demokratie —, und lässt große Geschichte in kleinen Episoden aufleuchten. Und während sich Südafrika von den alten, tiefen Spaltungen zu einer neuen, gerechteren Gesellschaft hinbewegt, schwebt über allem die Frage: Wie viel Verbitterung, wie viel Erneuerung, wie viel Hoffnung bleibt?

Ausgezeichnet mit dem Booker Prize 2021.

Empfehlung von Litprom-Jurymitglied Sonja Hartl: »Virtuos, kühn und unwiderstehlich — Das Versprechen ist ein moderner Familienroman und ein nicht nur erzählerisch brillantes Gesellschaftsporträt Südafrikas.« 
Platz 1 der Bestenliste Weltempfänger Frühling 2022

Informationen zum Band auf der Website der Büchergilde.

Damon Galgut, geboren 1963 in Pretoria, zählt zu den renommiertesten Autoren Südafrikas. Seine Romane wurden für zahlreiche Literaturpreise nominiert. Sein literarisches Werk erscheint in sechzehn Sprachen. Er lebt in Kapstadt.

Thomas Mohr, geboren 1965 in Köln, übersetzt seit 1988 englischsprachige Literatur, u.a. Truman Capote, Emma Donoghue, James Ellroy, Olivia Laing und Mark Twain. Für sein übersetzerisches Werk wurde er mehrfach ausgezeichnet.

Umschlagcover: unbekannt
Street Artist: unbekannt / Fotograf*in: unbekannt


Dorothy Tse (Hongkong): »​Mann im Anzug mit Ballerina«

Roman. Aus dem Chinesischen von Marc Hermann.

Reihe Büchergilde Weltempfänger, Band 5. Flexcover, Kopffarbschnitt, Lesebändchen, 224 Seiten. 
22,00 Euro.

Der 50-jährige Assistenzprofessor Q fühlt sich gefangen in der mechanischen Routine seines Ehe- und Berufslebens. Sein Liebesglück findet er vor allem mit Puppen, die er auf Antiquitätenmärkten entdeckt und heimlich sammelt.
Als Kind ist er, wie so viele, vom Festland nach Nevers geflüchtet, eine Vergangenheit, die immer wieder merkwürdige Erinnerungsfetzen auslöst. Als sein mysteriöser Freund Owlish ihm ein Liebesnest auf einer verlassenen Insel verschafft, kann der Professor, vor den Augen der Welt verborgen, seine Liebe zu Elice, einer Spieldosenballerina, endlich ausleben. Während Elice zunehmend ein Eigenleben entwickelt, verändert sich der Blick des Professors auf seine Heimatstadt: Er entdeckt Geheimtüren und Treppen, die ihn in ein karnevaleskes, traumähnliches Reich führen, von dessen Existenz er nichts ahnte. Doch mit einem Mal holt die Realität das seltsame Paar ein. Denn in Nevers brodelt es, die Studierenden boykottieren den Unterricht und demonstrieren auf den Straßen. Und die Geduld des Regimes ist erschöpft.

Übersetzte Literatur aus Hongkong ist rar, jetzt allerdings bietet ein beeindruckender Debütroman aus der chinesischen Sonderverwaltungszone nicht allein literarische Einblicke in die hierzulande nur wenig bekannte Metropole: »Mann im Anzug mit Ballerina« von Dorothy Tse, einer der wichtigsten literarischen Stimmen Hongkongs und mehrfach ausgezeichnete Autorin von Erzählungen, ist ein Spiegel einer zutiefst vielschichtigen Stadt, es ist ein brodelnder Roman — es ist die Geschichte Hongkongs und zugleich die eines Erwachens hin zu politischen Realitäten. 

Informationen zum Band auf der Website der Büchergilde.

Dorothy Tse, geboren 1977, gehört zu den wichtigsten literarischen Stimmen Hongkongs. Sie schreibt auf Chinesisch, ihre Erzählungsbände wurden auch in englischer Übersetzung veröffentlicht. Sie erhielt dafür u. a. den Hongkong Biennial Award for Chinese Literature und den Taiwan’s Unitas New Fiction Writers’ Award. Tse ist Mitbegründerin des Hongkonger Literaturmagazins Fleurs des Lettres. Ihr Debütroman Mann im Anzug mit Ballerina stand auf der Shortlist der Taipei International Exhibition (TiBE) Book Prizes. Dorothy Tse unterrichtet an der Hong Kong Baptist University.

Marc Hermann studierte Germanistik, Philosophie und Sinologie in Kiel, Shanghai und Bonn. Derzeit arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Sinologie der Universität Bonn. Er hat zahlreiche Werke von Autor*innen der modernen und zeitgenössischen chinesischen Literatur übersetzt (darunter Alai, Bi Feiyu, Su Tong, Yan Lianke), zuletzt v.a. Science-Fiction (u.a. Cixin Liu).

Umschlagmotiv: „HK protest art: the yellow coat man and Chow Tsz-Lok, two brave men who died for freedom and justice. Never forget.”, in Hongkong.
Street Artist: unbekannt / Fotograf*in: unbekannt