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Der Weltempfänger 53 wartet mit Literatur aus Japan, Israel und dem Iran auf. Es geht um weibliche Allverfügbarkeit und väterliche Anerkennung, erbarmungslose Schikane und die getrübte Sehnsucht nach einem ruhigen Leben. Ein Hardboiled-Krimi aus Nigeria, ein halbdokumentarischer Roman über die USA und ein Gedichtband aus China runden die Vielfalt auch auf Genreebene ab.
Von einer Frau, die vor lauter Verpflichtungen kein Selbst mehr hat, erzählt Hiromi Ito in dem klugen und zugleich schonungslosen Genre-Crossover »Dornauszieher« (Ü.: Irmela Hijiya-Kirschnereit). Das Freiheitsversprechen der USA beantwortet Dany Laferrière mit dem halbdokumentarischen Roadtrip-Roman »Granate oder Granatapfel, was hat der Schwarze in der Hand?« (Ü.: Beate Thill). Mit gesellschaftlichen Verwerfungen hat auch ein Supermarkt-Wachmann in Tade Thompsons »Wildcard« (Ü.: Karl-Heinz Ebnet) zu tun und muss dazu noch unfreiwillig einen Mord aufklären. Währenddessen flüchten sich in Mieko Kawakamis zweitem ins Deutsche übersetzten Roman zwei Jugendliche vor den mobbenden Mitschüler*innen in ihren ganz eigenen »Heaven« (Ü.: Katja Busson). Die Familie Schuster in Ayelet Gundar-Goshens »Wo der Wolf lauert« (Ü.: Ruth Achlama) zieht nach Kalifornien, um dem Nahostkonflikt zu entkommen, nur um dort mit Antisemitismus und Rassismus konfrontiert zu werden. Da hilft nur ein stiller Rückzug ins Innenleben auf Wang Xiaonis lyrischem »Nachtflug überm Meer« (Ü.: Monika Gänssbauer). Kain und Abel im Iran: In durchgesehener Übersetzung können wir nach 20 Jahren erneut in die »Symphonie der Toten« von Abbas Maroufi (Ü. Anneliese Ghahraman-Beck) eintauchen.
Eine Frau im Dauerstress — und zwischen zwei Kulturen: das ist die Ich-Erzählerin in dieser Autofiktion. Ungeschützt beschreibt Ito weibliche Allverfügbarkeit — und erschafft zugleich ein Genre-Crossover, in dem erlebter Buddhismus ebenso Platz hat wie ein vielstimmiger Chor japanischer Literatur. Claudia Kramatschek
Menschen werden älter, gute Bücher werden jünger. Zu diesen gehört diese vor fast 30 Jahren im Original publizierte »Granate«. Das Buch strahlt heute noch durch seinen frechen Witz, die Bekenntniswut und Selbstironie eines schwarzen Autors und seinen unverfrorenen Beobachtungen bei einer Reise durch die USA. Ruthard Stäblein
In einem fiktiven westafrikanischen Staat gerät ein Supermarkt-Wachmann zwischen die Fronten zweier Rebellengruppen und muss einen Todesfall mit politischen Implikationen aufklären. »Wild Card« ist feinster Hardboiled mitsamt lakonischen Dialogen und eine pointierte Analyse gesellschaftlicher Verwerfungen. Sonja Hartl
»Wir gehören zur selben Sorte.« Sie werden gehänselt, geschlagen, getreten, gequält. Heimlich. Zwei Gemobbte tun sich zusammen. Zumindest für Momente. Mehr Bindung geht nicht, wenn die Angst das Leben beherrscht. Schlaglichter und Zerrbilder aus dem Maschinenraum einer Gesellschaft, in der Sprachlosigkeit den Ton angibt. Ulrich Noller
Silicon Valley, Palo Alto: hier wollten die Schusters ihren Sohn Adam weitab vom Nahostkonflikt großziehen. Ein Anschlag auf die Synagoge und ein Mord am schwarzen Klassenkameraden erschüttern alle Sicherheiten, die Relocation bleibt ein Dauerzustand, der Roman ein intelligenter Pageturner rund um Rassismus, Antisemitismus und Identität. Ines Lauffer
Eingeigelt im Schlafanzug zuhause. Die Welt bleibt draußen. Fenster besser nicht putzen! Wang Xiaonis lyrische Erzählerin empfindet intensiv, scheut Gesellschaft und ist auch auf Nachtflügen oder Zugreisen durch China vor allem im eigenen Erlebnisinnern. Einladung zum Einfühlen, Durchdenken und Miterleben. Katharina Borchardt
Eine Kain und Abel-Geschichte, angesiedelt im Iran, Mitte des 20. Jahrhunderts. Ein Bruder gehorcht dem despotischen Vater und tritt in dessen (nicht nur kaufmännische) Fußstapfen, der andere liebt die Kunst und die Bücher. Ein kunstvoll komponiertes Juwel der iranischen Literatur, in durchgesehener Übersetzung nach 20 Jahren wieder zugänglich gemacht. Anita Djafari
* nominiert für den LiBeraturpreis 2022
Der Weltempfänger nominiert seit 2008 belletristische Neuübersetzungen aus aller Welt, um damit herausragende literarische Stimmen im deutschsprachigen Raum bekannt zu machen.
Die Jury: Katharina Borchardt, Anita Djafari, Andreas Fanizadeh, Sonja Hartl, Claudia Kramatschek, Ines Lauffer, Ulrich Noller und Ruthard Stäblein
Idee: Ilija Trojanow
Jurysprecherin: Anita Djafari
Kontakt
Marcella Melien
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