Seit 2021 ist eine Mitgliedschaft im »Anderen Literaturklub« von Litprom nicht mehr möglich. Das Angebot dieses besonderen Klubs von Litprom endete nach vielen Jahren Laufzeit zum Jahresende 2020.
Aber wir haben uns neu aufgestellt: mit einer weitgefassten Kooperation mit der Büchergilde Gutenberg; und hier gibt es seitdem ein sehr attraktives Angebot für alle Weltliteratur-Fans, das »Abonnement Weltempfänger« (bitte nach unten scrollen).
Die bereits länger bestehende Zusammenarbeit zwischen Litprom und der Büchergilde ergab sich aufgrund der gleichen Ideen, Ziele und Wertvorstellungen: ein Leuchtturm für die Buchkultur zu sein, jenseits des Mainstreams — mit einem handverlesenen Programm, mit thematischem Tiefgang und guter Unterhaltung.
Alle Informationen zum Abonnement auf der Website der Büchergilde
Marcial Gala 1965 in Havana geboren, ist Autor und Architekt. 1999 wurden seine Kurzgeschichten mit dem Pinos Nuevos Award ausgezeichnet, sein Roman »Die Kathedrale der Schwarzen« mit dem Alejo Carpentier Award 2012 und dem Critics‘ Award für das beste kubanische Buch 2012. Gala lebt in Buenos Aires und Cienfuegos.
Ausgerechnet in Punta Gotica, einem Viertel Cienfuegos', in dem nur vergessene Schwarze und arme Weiße wohnen, wird eine neue Kirche errichtet. Das Gotteshaus soll ein Symbol sein, über die Stadt und Kuba hinaus, etwas Aufstrebendes in Zeiten, in denen alles verfällt. Geld und freiwillige Mitarbeiter fließen den Erbauern nur so zu, beständig wird die Kirche erweitert — und gerade deshalb nie fertiggestellt.
Marcial Gala lässt die Menschen zu Wort kommen, die im Schatten des von Tag zu Tag wachsenden Monumentalbaus leben, er zeigt uns Kuba von unten und ein Land, das der US-Luxuskapitalismus vor eine Zerreißprobe stellt — existenziell, roh und mit vielen Zwischentönen.
Fünfundzwanzig Stimmen in ihren eigenen Färbungen formen den Roman — einen Erzähler gibt es nicht. Es sind die Stimmen von Beobachtern und Beteiligten dieser Geschichte über Liebe und Tod, Hochmut und Wahnsinn.
»1989 ließ Fidel Castro ranghohe Militärs erschießen, auf politisches Tauwetter musste Kuba noch lange warten. Wie weit ist die Welt seitdem gekommen?« Gastbeitrag von Marcial Gala in der Süddeutschen Zeitung vom 13.11.19
Weltempfänger Nr. 44 | Herbst 2019 | Platz 2
Hye-young Pyun wurde 1972 in Seoul geboren, wo sie auch heute noch lebt. Nach drei Universitätsabschlüssen arbeitete sie als Büroangestellte, bevor sie 2000 mit einer Kurzgeschichte debütierte, die in Korea sofort große Beachtung fand. Für ihr Werk, das Erzählbände und Romane umfasst, wurde sie mit den renommiertesten Literaturpreisen Südkoreas ausgezeichnet.
Kann das Leben einen so tiefen Riss bekommen, dass man durch ihn hinabstürzt und darin verschwindet? Ogi hat Schuld an dem Unfall, durch den seine Frau getötet wurde. Im Haus seiner Schwiegermutter vegetiert er nun schwer verletzt vor sich hin. Seine Welt schrumpft zu dem Bett, in dem er liegt. Im Inneren halten beunruhigende Gedanken an seine Frau ihn gefangen. Draußen verwandelt sich ihr üppiger Garten in einen welken Ort, entstellt von dunklen Löchern, die die Schwiegermutter wie besessen gräbt.
Was verbirgt sich hinter der unheimlichen Obsession für den Garten? Ein so kafkaesker wie hypnotisierender Roman von den verstörenden Rissen, die Einsamkeit, Schuld und Entwurzelung im Leben hinterlassen können.
»Eine mutige, verstörende und von Licht und Schatten geprägte Erzählung.« Galore (17.05.19)
»Eine so ungewöhnlich wie gewitzt dramatisierte, im unterhaltsamsten Sinne »böse« Reflexion zum Thema Abhängigkeit — und zugleich ein Psychogramm, das die Abgründe, die in alltäglichen Beziehungen lauern können, auf so unerbittliche wie kreative Weise ausleuchtet.« — Ulrich Noller für den WDR
1980 präsentierte der afrikanische Kontinent auf der Frankfurter Buchmesse die Vielfalt seiner Literaturen einer internationalen Öffentlichkeit. Zeitgleich wurde ein Verein gegründet, der sich dem Dialog der Kulturen über ihre Literaturen verschrieb: Litprom — Literaturen der Welt.
Mit einer Anthologie wird das 40. Jubiläum dieser Initiative gewürdigt, herausgegeben von Anita Djafari, seit 2009 Geschäftsleiterin von Litprom, und Manfred Loimeier, der sich seit 30 Jahren mit Literaturen aus Afrika beschäftigt.
Die Anthologie enthält Texte bedeutender afrikanischer Autor*innen, deren literarische Werke seit 1980 in deutscher Sprache erschienen sind. Nicht fehlen darf dabei Ngugi wa Thiong'o, der in seinen Essays, Romanen und autobiografischen Schriften die Geschichte Kenias und Afrikas auf außerordentliche Weise reflektiert.
Zu den weiteren Autor*innen gehören Mia Couto, Paulina Chiziane, Bessie Head, Maaza Mengiste, José Eduardo Agualusa, Jamal Mahjoub und Patrice Nganang. Auch wenn natürlich die volle Bandbreite der Literaturen aus Afrika nicht wiedergegeben werden kann, bietet das Buch nachhaltige Leseeindrücke, die Lust machen auf die grandiose Vielfalt afrikanischer Stimmen und aufs Weiterlesen.
Ahmed Saadawi wurde 1973 in Bagdad geboren, wo er auch heute als Schriftsteller, Drehbuchautor und Dokumentarfilmer lebt. Er hat bislang drei Romane veröffentlicht und war einige Jahre als BBC-Korrespondent tätig. Für »Frankenstein in Bagdad« wurde Saadawi als erster irakischer Autor mit dem renommierten International Prize for Arabic Fiction ausgezeichnet.
Bagdad, Stadtteil Batawin, zwei Jahre nach der US-amerikanisch geführten Intervention und dem Sturz Saddam Husseins. Der Bürgerkrieg eskaliert und Selbstmordattentate erschüttern die Stadt.
Der Trödler Hadi al-Attag sammelt Leichenteile von Opfern der Bombenanschläge, zu denen Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen gehören, und näht sie zusammen. Doch als seine Gestalt zum Leben erwacht und verschwindet, schwappt eine Welle schauriger Morde über die Stadt.
Saadawis moderne Adaption des Frankenstein-Stoffes ist die Parabel über einen Gesellschaftszustand, in dem eskalierende Gewalt ständig neue Gewalt generiert und die Grenzen zwischen schuldig und unschuldig verschwimmen. Einzig eine alte Frau vermag sich dieser Spirale zu entziehen und entwirft kurz vor ihrem Gang ins Exil das Bild eines möglichen Ausgangs.
»Frankenstein in Bagdad, das ist ein junger Mann, den ein anderer aus Teilen zusammengesetzt hat —Körperteilen von Menschen, die nach Bombenanschlägen nicht zugeordnet werden konnten. Oder die einfach liegen blieben. Irgendwie erwacht diese Gestalt zu einer Art von Leben, irrt und wirrt dann durch die Stadt, auf der Suche nach Seelenruhe, wird zum Rächer der Getöteten und so zum Serienmörder, dem Journalisten, die Polizei, der Geheimdienst, sogar amtlich bestellte Geisterjäger auf den Fersen sind.«
Ulrich Noller - nollerliest, blog.wdr.de
»Auf bravourös lapidare Weise führt uns der Autor vor, dass ein Frankenstein-Monster im Bagdad unserer Zeit etwas vollkommen Normales ist. Wenn überall ständig Leichenteile durch die Gegend fliegen, weil schon wieder eine Bombe explodiert ist, wenn man ständig über diese Leichenteile stolpert, dann ist es doch nur naheliegend, dass jemand anfängt, sich um die nebensächlichsten aller Kollateralschäden zu kümmern.« (Robert Brack, Culturmag)
»Die Assoziation A ist eine verlässliche Adresse für antikapitalistische Literatur aller Gattungen. Mit Ahmed Saadawis »Frankenstein in Bagdad« legt sie einen fantastischen Roman vor, einen Schauerroman, der mit Witz und Fantasie erzählt, wie der Irak seine unmenschliche Gestalt bekam. Ein großer Wurf.« (Thekla Dannenberg, Perlentaucher)
Einen hr2-Podcast zum Roman finden Sie hier.
Ghayath Almadhoun wurde 1979 in einem palästinensischen Flüchtlingslager in Syrien geboren. Er studierte Arabische Literatur an der Universität Damaskus und veröffentlichte drei auf Arabisch verfasste Gedichtbände. Seit 2008 lebt er als Lyriker und Filmemacher in Stockholm. Seine Gedichte wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Die deutsche Ausgabe enthält Gedichte aus den letzten zehn Jahren.
Almadhoun erhebt mit seinen Gedichten die Stimme: für die Opfer des Krieges, für die Fliehenden und Asylsuchenden, für die Verletzten und Zurückgebliebenen. Mal poetisch-weich, mal rau und wild, dringen seine Texte mit ungeahnter Kraft in unsere Vorstellung ein und legen eine Wirklichkeit frei, die kein Foto festhalten, kein Zeitungsbericht vermitteln kann. Trauer und Tod, Krieg und Zerstörung, Flucht und Heimweh, Schuld, Liebe und Schmerz treten uns so dicht vor Augen, dass ein Wegschauen unmöglich ist. Für Ghayath Almadhoun ist die Lyrik eine Möglichkeit geworden, das Unsagbare in Worte zu fassen.
»Almadhoun bewegt sich ebenso geschmeidig zwischen Damaskus und Europa wie zwischen Gedichtform und lyrischer Prosa.« (Angela Schader, Neue Zürcher Zeitung)
»Das zerrüttete Leben — Sehnsucht nach verlorener Liebe, Bitterkeit über den Verlust der Heimat, aber auch scharfsinnige Beobachtungen prägen »Ein Raubtier namens Mittelmeer«, ein Textband mit Prosa und Poesie des syrisch-palästinensischen Autors Ghayath Almadhoun.« Eine Rezension von Maja Petzold
Hernán Ronsino wurde 1975 in Chivilcoy in Argentinien geboren, neun Monate nach dem Staatsstreich durch die Armee. Nach der Grundschule zog er nach Buenos Aires, um Soziologie zu studieren. Heute unterrichtet Ronsino an der Universität von Buenos Aires und an der Faculdad Latinoamericana de Ciencias Sociales (FLASCO).
»Das Gebell setzt aus. Eine scheinbare Stille legt sich über den Raum. Die Hitze ist überall zu atmen. Und die Nacht senkt sich Schritt für Schritt in die Augen.« Abelardo Kieffer hat seinen Freund Bicho Souza zum Asado eingeladen, einem Grillfest zu zweit. Ort der Handlung ist Chivilcoy, eine kleine Stadt in der Provinz Buenos Aires. Anlass ist Abelardos Geburtstag – und seine Überzeugung, dass es an der Zeit sei, »die Trauer hinter sich zu lassen«.
In kurzen Episoden und eindringlichen Bildern lässt Ronsino einen Kosmos entstehen: die Kleinstadt in einer dunklen Landschaft mit vielen trüben Geschichten, die in stetigem Aufschieben und auf Umwegen zu Ende erzählt werden. Die wenigen Fluchtwege führen in die Literatur.
»In Auflösung« ist der erste von drei Romanen, die in Chivilcoy spielen. Sie liegen nun alle auf Deutsch vor.
»Chivilcoy mag völlig fremd sein, doch Ronsino macht daraus eine universale Parabel für verlorene Hoffnung und ergraute Träume.« (Timo Posselt, bz Basel)
»Lesen sollte man Hernán Ronsinos Chivilcoy-Streifzug, wenn einem nach frischer Literatur ist. Etwas mehr als 500 Seiten hat die Reihe und doch wird unheimlich viel erzählt.« (Jürgen Rauscher, Fixpoetry)
»Die Welt in der Pampa hat keinen Bestand mehr, sie löst sich allmählich auf, aus vielfältigen Gründen. Trotz der düsteren Atmosphäre zieht der Text die Lesende in seinen Bann, der Autor beherrscht die Kunst des Weglassens und bedient sich einer feinen genauen Sprache.« Eine Rezension von Maja Petzold.
Chinelo Okparanta wurde 1981 in Port Harcourt in Nigeria geboren. Mit 10 Jahren emigrierte sie mit ihrer Familie in die USA, wo sie auch studierte. Ihr Roman »Under the Udala Trees« war 2017 auf der Shortlist des International Dublin Literary Award. Sie unterrichtet derzeit Kreatives Schreiben an der Bucknell University, Lewisburg/ USA.
Die Coming-out-Geschichte des Mädchens Ijeoma beginnt 1968, ein Jahr nach Beginn des Biafra-Kriegs in Nigeria. Die Bevölkerung leidet unter dem immer brutaler werdenden Krieg und einer unvorstellbaren Hungersnot. Ijeomas Vater kommt bei einem Bombenangriff ums Leben. Ihre Mutter kann nicht mehr für sie sorgen, und sie wird in ein entferntes Dorf geschickt. Zwischen Ijeoma, einer christlichen Igbo, und der muslimischen Hausa Amina, beginnt dort eine Freundschaft, die zur Leidenschaft wird.
Okparanta stellt einfühlsam die Persönlichkeitskonflikte dar, in die Ijeoma als heranwachsende Frau in der nigerianischen Gesellschaft gestürzt wird: ihre lesbische Identität, die Niederlage des unabhängigen Biafra, das Tabu einer Beziehung zwischen Igbo und Hausa und die allgegenwärtige Macht der Kirche mit ihren Dogmen und des Staates, der mit rigorosen Gesetzen Homosexuelle verfolgt.
»Eine einzigartige und umwerfend hoffungsvolle Geschichte über das Paradoxon der Liebe« (Mia Couto).
»In Nigeria erwachsen werden: Der Roman „Unter den Udala Bäumen“ beginnt im Biafra-Krieg. Die junge Autorin Chinelo Okparanta schreibt über die verheerenden Folgen dieses Krieges und zugleich über die Schwierigkeiten des Mädchens Ijeoma, seinen Platz im Leben zu finden.« Eine Rezension von Maja Petzold
Chan Ho-kei wurde 1975 in Hongkong geboren, wo er bis heute lebt. Er hat als Programmierer, Computerspiele-Entwickler und Manga-Lektor gearbeitet. Für seine Short Storys und Romane wurde er mehrfach ausgezeichnet. «Das Auge von Hongkong» gilt als sein Meisterwerk, das in verschiedene Sprachen übersetzt wurde und von Wong Kar-wai verfilmt wird. Chan Ho-kei wird im Januar 2019 zu Gast bei den Litprom-Literaturtagen zum Thema Kriminalliteratur sein!
Inspector Kwan ist der Sherlock Holmes von Hongkong. Chan Ho-kei erzählt das Leben dieses Masterminds anhand seiner spektakulärsten Fälle und entwirft damit ein faszinierendes Panorama der Metropole und ihrer Bewohner vor dem Hintergrund der politischen und gesellschaftlichen Umbrüche seit 1967.
Hongkong, heute: Inspector Kwan, der aus Respekt vor seiner Kombinationsgabe nur »Das Auge von Hongkong« genannt wird, liegt im Sterben. Kwan hat sein Leben lang Verbrecher gejagt und ist darüber nicht nur in Polizeikreisen zu einer Legende geworden. Da stürmt sein alter Schüler Sonny herein. Er bittet Kwan um Hilfe bei der Lösung eines bizarren Mords, der mit einer Harpune verübt wurde. Vom Sterbebett aus knackt Kwan ein vermeintlich unlösbares Rätsel — und löst damit den letzten der insgesamt sechs Fälle, die dieser Roman erzählt.
Die Geschichte diesers Fälle ist zugleich die Geschichte einer Großstadt, die einst an Großbritannien abgetreten wurde, um dann hundert Jahre später wieder an China zurückzufallen.
»Ein moderner Sherlock Holmes aus Fernost — spektakulär sind die Fälle, die der Hongkonger Inspektor Kwan Chun-Dok zu lösen hat. Chan Ho-Kei bettet sie in die Geschichte Hongkongs der letzten 50 Jahre ein.« Maja Petzold hat sich dem »Inspektor mit Scharfsinn und List« gewidmet und diesen außergewöhnlichen Roman rezensiert. Besprechung lesen
Vor 30 Jahren wurde der seit 2013 von Litprom vergebene LiBeraturpreis für Autorinnen aus Afrika, Asien und Lateinamerika ins Leben gerufen. Das Jubiläum ist Anlass, die für Werke in deutscher Übersetzung ausgezeichneten Schriftstellerinnen zu würdigen und vorzustellen.
Von Haiti bis Singapur, von Indien bis Argentinien, von Senegal bis Südkorea, von Saudi-Arabien bis Neuseeland — so vielstimmig ist der Chor der in dieser Anthologie versammelten literarischen Stimmen. Mit starken Geschichten von Liebe und Sexualität, Gewalt, Krieg und Politik, Familienalltag und Selbstverständnis, und nicht zuletzt vom Leben zwischen den Kulturen wird die Welt aus weiblicher Perspektive nahegebracht. Nicht nur geografische Grenzen werden überschritten, auch die Grenzen sozialer Zugehörigkeiten sowie die zwischen den Generationen. Hier stehen die »großen alten Damen« ganz selbstverständlich neben Debütantinnen, international renommierte neben (hierzulande) noch unbekannten Schriftstellerinnen. Nicht fehlen dürfen die ersten Preisträgerinnen: Maryse Condé aus Guadeloupe (Foto) und Assia Djebar aus Algerien.
Der Extrablick auf diese besondere Landkarte in Zeiten der Globalisierung ist erhellend, die Frage der Gleichberechtigung ist längst nicht mehr nur Sache der Frauen.
Es ist Zeit, die Koordinaten des weiblichen Anteils an der Weltliteratur neu zu vermessen.
Anuk Arudpragasam, 1988 geboren, wuchs in Colombo, Sri Lanka, auf, wo er auch heute lebt. Er schreibt auf Tamil und Englisch und schließt derzeit ein Doktorandenstudium in Philosophie an der Columbia University in New York ab.
«Die Geschichte einer kurzen Ehe» ist sein erster Roman; er wurde als außergewöhnlicher poetischer Roman hochgelobt. Er spielt im Jahr 2009, in den letzten Monaten des Bürgerkriegs in Sri Lanka, in denen Tausende von tamilischen Zivilisten, in Lagern zusammengepfercht, bombardiert wurden. Die politische Situation ist jedoch nicht Arudpragasams Thema, sondern das Leben von Menschen, die wissen, dass die Bomben der einen früh morgens und die Rekrutierer der anderen in der Nacht kommen – und dass sie wohl nicht mehr lange zu leben haben.
Erzählt wird die Geschichte eines einzigen Tages im Krieg. Dinesh, ein junger Mann, versorgt Verletzte in einem Lager im Dschungel, läuft ziellos umher, denkt an seine Mutter, die getötet wurde und an deren Gesicht er sich nicht mehr erinnert. Jede Nacht fallen Bomben, doch sie machen ihm keine Angst mehr. Ein Mann bittet ihn, seine Tochter Ganga zu heiraten. Er hofft, dass Dinesh für sie sorgen wird. Ganga ist eine junge, ernsthafte Frau – und nun seine Ehefrau. Die beiden versuchen, die Fremdheit zu überwinden, ihre unerwartete Nähe zu erkunden, bevor der Krieg sie wieder trennt. In unvergesslichen Szenen lässt Anuk Arudpragasam die menschliche Existenz inmitten der Finsternis in ihrer ganzen Würde aufscheinen.
Der Roman belegte im Herbst 2017 Platz 2 der Litprom-Bestenliste Weltempfänger.
Anuk Arudpragasam wurde im November 2017 mit dem DSC-Prize in South Asian Literature ausgezeichnet. Der mit 25.000 US-Dollar dotierte und von der DSC-Company verliehene Preis wurde dem Autor am 18. November im Rahmen des dreitägigen Dhaka Literature Festival verliehen.
»Ein Flüchtlingslager, auf das Bomben fliegen, wo der Arzt ohne Narkose amputiert und Frauen vergewaltigt werden. In Anuk Arudpragasams Debütroman Die Geschichte einer kurzen Ehe kommen sich zwei Menschen in einer Welt näher, die jegliche Menschlichkeit verloren hat.« Ein Beitrag von Carsten Hueck auf Deutschlandfunk Kultur.
"Unter all den großartigen Büchern des vergangenen Jahres ist „Die Geschichte einer kurzen Ehe“ von Anuk Arudpragasam das erstaunlichste." Verena Lueken schreibt für die FAZ über Arudpragasams erstes Werk.
Nona Fernández wurde 1971 in Santiago de Chile geboren und ist seit ihrer Schauspielausbildung als Drehbuchautorin, Schauspielerin und freischaffende Schriftstellerin tätig. Sie veröffentlichte mehrere Romane und Erzählbände. Ihr Roman »Av. 10 de Julio Huamachuco« (Die Straße zum 10. Juli) wurde mit dem chilenischen Literaturpreis Premio Municipal de Literatura ausgezeichnet.
Immer wieder zieht es Greta in die »Straße zum 10. Juli« in Santiago de Chile, die berühmte Straße der Ersatzteilverkäufer. Hier sucht Greta die nötigen Teile, um den Schulbus, in dem ihre Tochter tödlich verunglückte, wieder zusammenzusetzen. Ihre rastlose Suche zerstört nicht nur ihre Ehe, sie führt sie auch in das verlassene Haus ihrer Jugendliebe Juan, das als einziges Gebäude der Gegend trotzig den Abrissplänen einer Baufirma widersteht. Doch Juan ist verschwunden.
Wie er sind auch andere verschwunden: die Freunde der kommunistischen Jugendbewegung zu Zeiten der Militärdiktatur, die Kinder der Colonia Dignidad. Vielleicht werden sie alle irgendwo in einem Loch im Boden gefangen gehalten? Unter der Erde Chiles brodelt es gewaltig. Nona Fernández’ Roman prangert das Schweigen über die nahe Vergangenheit an. Die Arbeit an Drehbüchern für Fernsehfilme, mit der sie ihren Lebensunterhalt bestreitet, beeinflusst ihre literarische Schreibweise: Sie geht ökonomisch mit Sprache um und bevorzugt in ihren Erzählstrukturen
Der Roman belegte im Sommer 2017 Platz 6 der Litprom-Bestenliste Weltempfänger.
»Die Geister, die ich rief — Die Jahre der Diktatur von General Pinochet waren für viele Chilenen traumatisch. Im Roman Die Straße zum 10. Juli arbeitet Nona Fernández an diesen Erinnerungen.« Maja Petzold hat das Buch besprochen.
Ae-ran Kim, geboren 1980 in Incheon (Südkorea), Absolventin der Korean National University of Arts, machte 2005 mit ihrem Erzählband «Lauf, Vater, lauf» Furore; als jüngste Preisträgerin überhaupt erhielt sie dafür den begehrten Hanguk Ilbo-Literaturpreis. «Mein pochendes Leben» ist ihr erster Roman.
Arum leidet an Progerie, der Krankheit des vorzeitigen Alterns. Er ist sechzehn, eigentlich aber schon achtzig. Mit den Jahren verschlechtert sich sein Gesundheitszustand so sehr, dass er stationär behandelt werden muss. Da seine Eltern kein Geld haben, nimmt er zur Finanzierung des Krankenhausaufenthaltes an einer Fernsehsendung teil, die um Spenden für Menschen in besonderen Notlagen wirbt. In der Folge lernt er per E-Mail ein krebskrankes Mädchen kennen, dem er sich bald in tiefer Zuneigung verbunden fühlt. Aus dieser Beziehung schöpft Arum neuen Lebensmut.
«Mein pochendes Leben» ist eine berührende Familiengeschichte, erzählt von einem klugen, alten Jungen mit sehr jungen Eltern. Psychologisch fein beobachtet und mit leisem Humor wird von Menschen erzählt, die trotz der ungewohnten Ausgangssituation – eine sehr seltene Krankheit bei einfachen Menschen im ländlichen Südkorea – dem Leser vertraut und nah erscheinen, denn die Fragen nach Leben und Tod, Elternliebe und Erwachsenwerden sind auf der ganzen Welt dieselben.
Der Roman belegte im Herbst 2017 Platz 7 der Litprom-Bestenliste Weltempfänger.
"Von einem jungen Mann, dessen Körper aufgrund einer seltenen Erbkrankheit schon greisenhaft geworden ist, erzählt der koreanische Roman »Mein pochendes Leben«." Maja Petzold schreibt über Ae-Ran Kims Roman, der nicht nur Teil des Programms im Anderen Literaturklub, sondern auch nominiert für den LiBeraturpreis 2018 ist.
Tomás González wurde 1950 in Medellín geboren. Er studierte Philosophie in Bogotá und begann in den 80er Jahren mit dem Schreiben von Erzählungen, Romanen und Gedichten, von denen viele ins Deutsche übertragen worden sind. Nachdem er 16 Jahre als Übersetzer und Journalist in New York tätig war, lebt er heute wieder in Kolumbien. González zählt zu den wichtigsten kolumbianischen Autoren der Gegenwart.
»Was das Meer ihnen vorschlug« erzählt die Geschichte eines jähzornigen, misanthropischen Hotelbesitzers und seinen fast erwachsenen Zwillingssöhne Mario und Javier. Nachdem sie jahrelang unter ihm gelitten haben, bringen die beiden dem herrischen Vater ihrerseits lang gewachsene Ablehnung entgegen. Schließlich hat nicht zuletzt dessen schamloses Verhältnis mit einer anderen Frau, aus dem sogar ein weiteres Kind hervorgegangen ist, ihre Mutter krank gemacht – ein offenes Geheimnis in dem kleinen Küstenort. Eines Nachmittags begeben sich Vater und Söhne zum Fischen auf hohe See. Doch vor der karibischen Küste braut sich ein schweres Unwetter zusammen, die Hitze ist drückend, die Stimmung aufgeladen. Als ihr Motorboot in Seenot gerät und der Vater plötzlich über Bord geht, erkennen die Brüder eine Chance, die so verlockend wie grausam ist.
In siebenundzwanzig vielstimmigen Kapiteln schildert Tomás González die schicksalsträchtigen Stunden, in denen ein fest verwurzelter Konflikt unaufhaltsam auf seinen Höhepunkt zusteuert und in denen zwei Brüder eine Entscheidung über Leben und Tod fällen müssen. Vordergründig still, erzählt González eine dramatische Geschichte von der Dimension einer griechischen Tragödie.
„Spannend und superb, wie González diese Stimmen orchestriert”, befindet Ruthard Stäblein auf dem Weltempfängers Nr. 31, auf dem Tomás González' Roman den 3. Platz belegte.
«Was das Meer ihnen vorschlug» hat auch Maja Petzold rezensiert. Der Roman — im Original schlicht «Temporal», also Sturm — handelt von "Familienbeziehungen voller Dramatik und überraschender Wendungen". Der Plot erinnert so etwa an griechische Dramen, bei denen der Ort der Handlung an der peruanischen Pazifikküste beinahe zweitrangig wird.
Ein jähzorniger Vater, eine psychisch labile Mutter, die Kinder Zwillinge, wie sie aber verschiedener nicht sein könnten. Diese Handlungsgrundlage spitzt sich schließlich in einer von einem Gewitter begleiteten Bootsfahrt des Vaters mit den Söhnen zu, gleichzeitig erhält der Leser aber auch Einblicke in die Schicksale anderer Romanfiguren.
Yvonne Adhiambo Owuor wurde 1968 in Kenia geboren. Ihre Kurzgeschichten erschienen in internationalen Literaturmagazinen. 2003 wurde sie mit dem Caine Prize for African Writing ausgezeichnet. »Der Ort, an dem die Reise endet« ist ihr erster Roman, der 2015 auf der Shortlist für den Folio Prize stand und für den sie den Jomo Kenyatta Prize for Literature erhalten hat. Yvonne Adhiambo Owuor lebt in Nairobi.
Kenia, 2007. Odidi Oganda, ein hochtalentierter Student, wird in den Straßen Nairobis erschossen. Seine Schwester Ajany kehrt aus Brasilien zurück, um mit ihrem Vater seinen Leichnam nach Hause zu überführen. Doch die Heimkehr auf die verfallene Farm im Norden des Landes hält keinen Trost für sie bereit. Zu schmerzhaft sind die Erinnerungen, die der Mord heraufbeschworen hat und die die Familie im Griff halten: an die koloniale Gewaltherrschaft und die blutigen Auseinandersetzungen nach der Unabhängigkeit. Ajanys Mutter flieht von Wut und Trauer erfüllt in die Wildnis. Und ihr Vater muss sich einer brutalen Wahrheit stellen. Doch im Moment größter Verzweiflung entsteht auch etwas Neues: Eine Liebe – oder zumindest eine Verbindung – nimmt ihren Anfang. Yvonne Adhiambo Owuor erzählt in einer Sprache voller Kraft und Intensität auch eine Geschichte von universeller Dringlichkeit – eine Geschichte von Macht und Täuschung, von unerwiderter Liebe und dem unbeirrbaren Willen zum Überleben.
"Kein Ende der Reise. Der Roman von Yvonne Adhiambo Owuor «Der Ort, an dem die Reise endet» schildert Szenen aus Kenias jüngster Vergangenheit." Eine Rezension auf seniorweb.
»Es muss schon ein Wunder geschehen, damit Kenia nach der Wahl nicht wieder in Gewalt versinkt« sagt Yvonne Adhiambo Owuor. Sie war bei den Unruhen vor zehn Jahren dabei. Ihr Urteil: Das System hat versagt.
Ein Interview mit der Autorin auf welt-sichten.org
Yvonne Owuor über die Flüchtlingskrise: «Europa hat anscheinend seine eigene Geschichte vergessen.»
"Kenya beherbergt das Flüchtlingslager Dadaab – das grösste der Welt. Es ist auch die Heimat der Schriftstellerin Yvonne Owuor, die Europas Debatte über die «Flüchtlingskrise» hart infrage stellt." Ein Interview von Paul Ostwald auf NZZ.ch
"Weltliteratur aus Kenia: Der Sound von Nairobi. Yvonne Adhiambo Owuor erzählt in ihrem Debütroman mit großer narrativer Kraft eine Geschichte von Liebe und Tod, Verrat und Schweigen." Eine Rezension auf taz.de
Raffael Weger bespricht den Roman in seinem Literaturblog.
Auf dem Weltempfänger Nr. 32 im Herbst 2016 erreichte er Platz 4.
Bachtyar Ali wurde 1966 in Sulaimaniya (Nordirak) geboren. 1983 geriet er durch sein Engagement in den Studentenprotesten in Konflikt mit der Diktatur Saddam Husseins. Er brach sein Geologiestudium ab, um sich der Poesie zu widmen. Sein erster Gedichtband »Gunah w Karnaval« (Sünde und Karneval) erschien 1992. Sein Werk umfasst Romane, Gedichte und Essays. Bachtyar Ali, der in Kurdistan Kultstatus genießt, lebt seit Mitte der 90er Jahre in Deutschland.
An Bord eines Bootes, das ihn zusammen mit anderen Flüchtlingen in den Westen bringen soll, erzählt Muzafari Subhdam seine Geschichte - die Geschichte des Romans »Der letzte Granatapfel«. Selbst ein hochrangiger Peschmerga, rettete Muzafari dem legendären kurdischen Revolutionsführer einst das Leben, als sie von Truppen des Regimes umstellt waren. Er aber geriet in 21-jährige Gefangenschaft, mitten in der Wüste. Wieder in Freiheit, begibt er sich auf eine Reise durch das, was aus seinem Land geworden ist. Eine Reise durch Geschichten, Geheimnisse und zu Personen, die ihm dabei helfen, seinen verschollenen Sohn zu finden. Eine Reise, die ihn schließlich auf den Weg führt, den Tausende schon vor ihm genommen haben: übers Mittelmeer in den Westen. Dieser Roman von scharfer Aktualität und berückender Poesie erzählt von verwunschenen Schlössern, von Bienenschwärmen und Honigsammlern, von Kindern auf Schlachtfeldern, von den weißen Schwestern, die mit ihren Liedern den Bazar verzaubern, von Freiheitskämpfern, die zu Fürsten werden, von Seelen in schwarzer Trauer – und von einem Jungen mit Namen „Glasherz“, der von einer Welt träumt, in der alles durchsichtig und rein ist.
Stefan Weidner nennt den Roman in der Süddeutschen Zeitung in seiner Buchkritik einen „Paukenschlag”.
"Die Zerbrechlichkeit des Menschen: Der im Exil lebende kurdische Dichter Bachtyar Ali schreibt in seinem Roman »Der letzte Granatapfel« darüber, wie Menschen um ihre Würde kämpfen" urteilt Maja Petzold in ihrer Besprechung auf seniorweb.ch.
»Muzafari Subhdam, ein tapferer Peschmerga-Kämpfer erzählt in einem
Flüchtlingsboot auf dem Mittelmeer seine Geschichte und die seines
Volkes, über den kurdischen Kampf gegen Saddam Husseins Grausamkeiten
und den Genozid an seinem Volk im Norden Iraks. Bachtyar Ali, in seiner
Heimat ein Star mit fast 30 Büchern, knüpft in seinem deutschen Debüt an
die mündliche Erzähltradition an wie in "1001 Nacht", flicht
Märchenelemente und viele Bilder zu einem Gesamtepos über seine
Protagonisten und die Tragödie des kurdischen Volkes.« RadioText und Sendung auf Bayern2/Kultur zum Lesen und Hören
»Der letzte Granatapfel« Platz 1 der 32. Litprom-Bestenliste Weltempfänger.
Ivan Vladislavić wurde 1957 in Pretoria geboren und lebt seit Anfang der siebziger Jahre in Johannesburg. Er studierte afrikaanische und englische Literatur und arbeitet heute als freier Lektor und Schriftsteller. Er gab Werke zu zeitgenössischer Kunst und Architektur heraus, schrieb Texte für Bücher der Fotografen David Goldblatt und Roger Palmer und verfasste Essays, Romane und Erzählungen. 2015 erhielt er den mit 150.000 Dollar dotierten Windham-Campbell-Preis.
Der junge Neville Lister begleitet den berühmten Fotografen Saul Auerbach für einen Tag, um eine Lektion fürs Leben zu lernen. Sie spielen ein Spiel: Auf einem Hügel über Johannesburg wählen sie sich drei Häuser aus und beschließen, auf der Suche nach einer Geschichte an ihre Türen zu klopfen, aber schon bald schwindet das Tageslicht. Auerbachs Bilder der ersten beiden Häuser werden klassische Portraits Jahre später kehrt Lister in das Post-Apartheid-Südafrika zurück und sucht das dritte Haus. Johannesburg hat sich fast bis zur Unkenntlichkeit verändert.
„Double Negative“ ist ein subtiles Triptychon, das das gewöhnliche Leben von Neville Lister während der außergewöhnlichen Revolution Südafrikas einfängt. Ivan Vladislavić ist ein genauer Erzähler der Wirklichkeit, die ihn umgibt, und weiß diese jenseits von Effekthascherei und Manieriertheit differenziert und mit höchster sprachlicher Eleganz in poetische Bilder umzusetzen. Er legt Momente wie Fotografien auf einem Tisch nebeneinander.
„Von der hohen Kunst eben solcher Beiläufigkeit…” berichtet Claudia Kramatschek in ihrer Rezension.
Der Titel stand auf dem 4. Platz der 29. litprom-Bestenliste Weltempfänger.
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