Zum Jubiläum hat sich die Bestenliste frisch »gekleidet« und kommt mit einem neuem farblichen Design und leicht verändertem Layout daher.
Auch die Besetzung der Jury hat sich verändert. Anita Djafari und Ulrich Noller sind nach langjähriger Mitarbeit ausgeschieden; Anita Djafari war Gründungsmitglied des Weltempfängers und ab der ersten Ausgabe dabei. Litprom dankt ihnen herzlich für ihre Lektüren und Impulse. Neu aufgenommen wurden Timo Berger und Carsten Hueck.
Der »Weltempfänger« nominiert seit 2008 belletristische Neuübersetzungen aus aller Welt, um damit herausragende literarische Stimmen im deutschsprachigen Raum bekannt zu machen.
Die Bestenliste Nr. 60 als PDF downloaden oder als Plakat bei Litprom anfordern: litprom@buchmesse.de
Die Jury: Timo Berger, Katharina Borchardt, Sonja Hartl, Carsten Hueck, Claudia Kramatschek und Ines Lauffer
Idee: Ilija Trojanow
[Zitat rechts aus: »Räume des Lichts« von Yuko Tshushima, Übers. Nora Bierich, Platz 1]
Die Jury hat zum Herbst 2023 sieben literarische Entdeckungen aus und über Japan, Irak, Indien, Südafrika, Hongkong, Brasilien und Haiti ausgewählt: darunter wiederentdeckte Autorinnen aus Japan, Haiti und Hongkong; ein illustrierter Twitter-Roman; ein zweisprachiger Gedichtband.
Yuko Tsushima schrieb schon in den Siebzigerjahren über #regrettingmotherhood und den Alltag einer alleinerziehenden Mutter in Tokio. Ihr Roman »Räume des Lichts« (Ü. Nora Bierich) erschien zuerst kapitelweise in Zeitschriften. Mit Feurat Alanis »Der Geschmack von Aprikoseneis« stehen erstmals Tweets auf dem Weltempfänger. In Kurztexten (Ü. Annette von der Weppen) und mit Illustrationen von Léonard Cohen beschwört er seinen ersten Besuch im Irak herauf, die Hashtags dienen dabei als Fußnoten. Ein aus dem Hindi übersetzter Krimi wie der von Anjali Deshpande ist eine Seltenheit, hinter dem schlichten Titel »Mord« (Ü. Almuth Degener) verbirgt sich eine scharfe Gesellschaftsanalyse. Xi Xi stellt mit »Meine Stadt« (Ü. Karin Betz) das Hongkong der Siebzigerjahre in den Mittelpunkt. In Shanghai verhandeln C. A. Davids' Protagonist*innen »Hoffnung und Revolution« (Ü. Susann Urban). Leonardo Tonus' zweisprachiger Lyrikband »Aufzeichnungen von hoher See« (Ü. Lilli-Hannah Hoepner) erzählt von den heutigen Migrationsbewegungen und der Geschichte seiner Familie. Das Werk von Marie Vieux-Chauvet ist eine (Wieder-)Entdeckung: mit »Tanz auf dem Vulkan« (Ü. Nathalie Lemmens) erscheint bereits der zweite historische Roman über Haiti in deutscher Übersetzung, der eine weibliche Perspektive in den Mittelpunkt stellt.
Eine Frau sortiert sich neu: Nach der Trennung von ihrem Hallodri-Mann zieht sie mit der kleinen Tochter in eine Dachgeschosswohnung. Sie sucht »Räume des Lichts«. Der alltagszähe Neuanfang einer spontanpoetischen Erzählerin. Zauberhaft.
Katharina Borchardt
Ein so intimer wie kluger Twitter-Roman über den Geschmack der Erinnerung an die Kindheitsbesuche des Autors im kriegsgebeutelten Irak zwischen Bagdad und Falludscha. Der dem TV-Weitwinkel eine private und politisch doch erhellende Nahaufnahme entgegensetzt.
Claudia Kramatschek
Eine tote Prostituierte, ein suspendierter Polizist und wenig Hoffnung, dass der Täter jemals bestraft wird. Deshpande bleibt ganz nah bei denen, die unten in der Gesellschaft Indiens stehen. Konzentrierte, kluge und kritische Gesellschaftsanalyse verpackt als Kriminalroman.
Sonja Hartl
Der junge Aguo lebt in Hongkong. In den 1970er Jahren noch britische Kronkolonie. Als tatkräftiger Telefontechniker kennt er die ganze Stadt. Von ihr erzählt er mittels Bewusstseinsstrom und Minizeichnungen. Ein skurriler und sehr charmierender Heimatroman.
Katharina Borchardt
Wie lebt man Revolution, ohne sich selbst zu verleugnen? Er hat einst auf dem Platz des Himmlischen Friedens gekämpft, sie in Südafrika gegen die Apartheid. In Shanghai begegnen sie einander. Und ringen um die eigene Wahrheit. Ein leiser und doch hochpolitischer Roman.
Claudia Kramatschek
Leonardo Tonus stöbert in den Tiefen verstummter Stimmen, verknüpft die Geschichte seiner italienischen Großeltern, die einst in Brasilien ihr Glück suchten, mit den Schicksalen heutiger Migrant*innen. Eine unverzichtbare Schule der Empathie — gerade in unseren Zeiten.
Timo Berger
Port-au-Prince, Ende des 18. Jahrhunderts: Sängerin Minette überwindet dank ihrer Stimme rassistische Grenzen. Aber sie will Freiheit für alle. Ein vielschichtiges, feministisches Gesellschaftsbild Haitis kurz vor der Revolution. Unvergesslich!
Sonja Hartl
* nominiert für den LiBeraturpreis 2024
** Die Übersetzung der Titel wurde unterstützt durch Litprom mit Mitteln des Auswärtigen Amts
Kontakt:
Marcella Melien
Tel.: 069/2102-246
E-Mail: melien@buchmesse.de