Kurztext.
Auf einem Dachboden ist Victor Farías, der Herausgeber der spanischen Gesamtausgabe der Werke Pablo Nerudas, voreinigen Jahren auf dessen frühe, bisher verloren geglaubte Gedichte gestoßen. Aus dem umfangreichen Konvolut von Manuskripten erscheint zum ersten Mal eine Auswahl auf deutsch, die uns endlich eine Vorstellung davon gibt, wie eines der bedeutendsten
Werke der Weltliteratur entstand.
Zum Buch:
Neruda ist im Süden Chiles groß geworden. Seine Mutter starb wenige Wochen nach seiner Geburt an Tuberkulose, und sein Vater, ein Lokomotivführer, heiratete ein zweites Mal, eine Frau aus Temuco, einer Stadt im Grenzland zum Polarkreis. Noch Jahrzehnte später erinnert sich Neruda an den Regen, den pausenlosen Regen, der ihn sogar in seinem Gemüt getroffen habe. Dennoch: Die Welt wollte entdeckt werden! Mit dem Vater fuhr er in die Steinbrüche, wo die Züge beladen wurden. Schule und Bücher faszinierten ihn, obwohl sich sonst niemand, den er kannte, für unnütze Dinge dieser Art erwärmen konnte. Die Liebe meldet sich. Und er stößt auf einen Kontinent, den er in seinen Ausdehnungen noch nicht abschätzen kann und der sich in ihm befindet: die Poesie. Mit dem Stift in der Hand und über sein Rechenheft gebeugt, beginnt er Verse zu notieren und die Geheimnisse zu erahnen, die ihn bedrängen.
Victor Farías hat dieses frühe Werk gefunden und den sensationellen Fund entziffert und editiert. Fritz Rudolf Fries, der Übersetzer dieser Gedichte, hat die Auswahl besorgt: Zum ersten Mal kann man nicht nur nachlesen, wie einer der größten Dichter unseres Jahrhunderts zu schreiben begonnen hat, diese Verse an die blauen Fenster seiner Nachbarschaft zei-gen auch, wie ein junger Mann sich gegen die Macht der Liebe und gegen die Abgeschiedenheit zu behaupten versucht: mit verzweifelt-schönen Versen.
Pablo Neruda
(1904 - 1973) war u.a. chilenischer Botschafter, bewarb sich um die Präsidentschaft seines Landes und kämpfte an der Seite Allendes. 1971 wurde er mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Sein Werk erscheint im Luchterhand Literaturverlag: Das lyrische Werk (in drei Bänden), Ich bekenne, ich habe gelebt (Memoiren, 1989) und Hungrig bin ich, will deinen Mund (Liebessonette, 1997).