2008 von Ilija Trojanow angeregt, wird die Bestenliste seitdem viermal jährlich von Litprom e.V. veröffentlicht.
Der 50. »Weltempfänger« feiert nicht nur sein Jubiläum, sondern setzt neue Standards: Selten waren so viele Titel von Frauen vertreten, nie gleich zwei Graphic Novels. Es geht um Beziehungen in all ihren Formen: um Frauen und ihre Ehemänner, um Migrant*innen und ihr Verhältnis zu Europa, um eine unzertrennliche Familie, eine Ménage-à-trois und um das unfreiwillige Aufeinandertreffen verfeindeter politischer Lager mitten in einem Tunnel.
Helon Habila erzählt von den »Reisen« ganz verschiedener Menschen zwischen Afrika und Europa, fragmentarisch und doch in allem miteinander verbunden. 44 Geschichten sind Teil von Clarices Lispectors Band »Aber es wird regnen«, in dem sie rätselhaft, mutig und philosophisch von weiblichem Leben schreibt. Israeli und Palästinenser möchten eine Sperranlage umgehen und graben einander unwissentlich entgegen — mitten in Rutu Modans Graphic Novel »Tunnel« prallen sie plötzlich aufeinander. Auch Tayio Matsumotos »Sunny« erzählt in Bildern und Farben, und dabei von Pflegekindern und Waisen in einem Heim in Japan. Liebe schlägt um in Gewalt in Patrícia Melos Roman »Gestapelte Frauen«; keine leichte Kost und ein Schrei nach Gerechtigkeit. »Wir drei« sind Jang Yiang, ihre Tochter und ihr Ehemann — ein autobiographischer Roman über eine Intellektuellenfamilie während der chinesischen Kulturrevolution. »Der treue Verstorbene« von Germano Almeida beginnt mit einem Mord und zeichnet dann ein Bild von den postkolonialen Kapverden und ihren Menschen.
Der 50. »Weltempfänger« steht als PDF zum Download zur Verfügung
Ein ergreifender Roman über die Wege von Menschen zwischen Afrika und Europa – der in Berlin beginnt und überhaupt die europäische Perspektive auf Afrika in vielerlei Hinsicht umkehrt. Gekonnt verwebt Helon Habila die unterschiedlichen Einzelschicksale zu einem stimmigen großen Ganzen. Claudia Kramatschek
Vom ersten Wort an hochintensive Geschichten über Mädchen, junge Frauen und Greisinnen — sowie über Hühner, in die sich ein Mädchen hineinversetzt. Die große Dame der brasilianischen Moderne erzählt schräg, überraschend und verführerisch von den seltsamen Färbungen existenzieller Leere. Jörg Plath
Rutu Modan setzt auf die kommunikative Kraft der Pop-Kultur. Ihr Comic ist eine Hommage an Indiana Jones und ein satirischer Kommentar zur Lage in Israel und im Westjordanland. Gegraben wird aus beiden Richtungen, Explosion und eine clevere Lösung inklusive. Komisch, klug, ein Meisterwerk der ligne claire. Thomas Wörtche
Auch aus eigener Erfahrung erzählt der Comiczeichner von einem Kinderheim in Japan. Jenseits des Manga-Mainstreams skizziert er raue Biographien. Im Wechsel von Nah- wie Untersicht und Totale schafft er ungewöhnliche Blickwinkel auf die volle Bandbreite der Gefühlswelt von Heimkindern. Ruthard Stäblein
Wie lässt sich die Problematik der Femizide in ihren so ungeheuren wie ungeheuerlichen Dimensionen erfassen? Patrícia Melo nimmt uns mit auf die Spurensuche, und sie zwingt uns dazu, ganz genau hinzusehen. Eine Recherche mit den Mitteln der Kriminalliteratur — bestechend und bestürzend. Ulrich Noller
In ihrer Autobiographie erzählt Yang Jiang vom Zusammenhalt ihrer Familie unter Mao. Die Bedrängnis ist groß, doch die Liebe ist größer. So lässt sich manch eine politische Kampagne überstehen. Und ein bisschen intellektuelle Arbeit an der Uni sitzt auch noch drin. Ein inniger Vater-Mutter-Kind-Roman aus China. Katharina Borchardt
Ein auf den Inseln sehr beliebter Schriftsteller wird vor der Präsentation seines neuen Buchs erschossen, von seinem besten Freund. Nein, kein Krimi, sondern die Geschichte von verwickelten Liebesbeziehungen, Treue und Verrat, Eifersucht und Eitelkeit sowie Bewegungen zwischen den Kontinenten. Beste Unterhaltung in vorzüglicher Übersetzung. Anita Djafari
*nominiert für den LiBeraturpreis 2022
**Die Übersetzung der Titel wurde unterstützt durch Litprom mit Mitteln des Auswärtigen Amts
Die Jury: Katharina Borchardt, Anita Djafari, Andreas Fanizadeh, Claudia Kramatschek, Ulrich Noller, Jörg Plath und Ruthard Stäblein
Kontakt Marcella Melien Tel.: 069/2102-246 E-Mail: melien@buchmesse.de