Der »Weltempfänger« nominiert seit 2008 belletristische Neuübersetzungen aus aller Welt, um damit herausragende literarische Stimmen im deutschsprachigen Raum bekannt zu machen.
Die Bestenliste Nr. 58 als PDF downloaden oder als Plakat bei Litprom anfordern: litprom@buchmesse.de
Die Jury: Katharina Borchardt, Anita Djafari, Sonja Hartl, Claudia Kramatschek, Ines Lauffer, Timo Berger und Ulrich Noller
Idee: Ilija Trojanow
Jurysprecherin: Anita Djafari
[Zitat rechts aus: »Die Cousinen« von Aurora Venturini, Übers. Johanna Schwering, Platz 1]
Mit dem Weltempfänger Nr. 58 / Frühjahr 2023 geht es im Zickzack um die Welt: Argentinien, Singapur, Senegal, Japan, Sudan, Venezuela, Korea. Fünf Romane, ein Erzählband und eine Novelle voller skurriler Figuren und harter Realitäten.
»Die Cousinen« (Ü. Johanna Schwering) wehren sich gegen ihre schwierige Ausgangslage und die Männer, die diese ausnutzen wollen. Der Roman, in dem Protagonistin Yuna sich allmählich ihrer Sprache und Geschichte ermächtigt, machte Aurora Venturini mit 85 Jahren endlich berühmt. »Zweckfreie Kuchenanwendungen« (Ü. Gabriele Haefs) von Yeoh Jo-Ann blickt hinter die glatten Kulissen Singapurs und erzählt auf skurrile Weise von verschiedenen Lebensmodellen in der Metropole. Rätsel gibt uns »Die geheimste Erinnerung der Menschen« (Ü. Holger Fock und Sabine Müller) von Mohamed Mbougar Sarr auf, verschränkt dabei gekonnt Form und Inhalt. Die Tuberkulose bedroht ein junges Paar in der zwischen 1936 und 1939 entstandenen Novelle »Der Wind erhebt sich« (Ü. Sabine Mangold) von Tatsuo Hori. Die Erzählungen von Leila Aboulela in »Anderswo, daheim« (Ü. Irma Wehrli) spielen zwischen Khartum, Kairo und Aberdeen. Karina Sainz Borgos zweiter Roman über die harte Realität der Migration »Das dritte Land« (Ü. Angelica Ammar) ist nach einem Friedhof im Grenzgebiet Venezuelas benannt. »Der Wal« (Ü. Matthias Augustin und Kyunghee Park) von Cheon Myeong-kwan vereint märchenhafte Elemente, fantastische Figuren, koreanische Mythen und Martial-Arts-Filme.
Die Schwester ist behindert, die Cousine kleinwüchsig – und auch Erzählerin Yuna ist »sprachlich zurückgeblieben«. Ständig droht die Klapsmühle. Oder der Rohrstock der Mutter. Oder die Attacke eines Lüstlings. Böse böse, dieser naiv-frenetische Roman, mit dem Aurora Venturini mit 85 endlich berühmt wurde.
Katharina Borchardt
Ein Roman, so skurril wie sein Protagonist. Ein 35-jähriger Nerd, der ein viel zu geregeltes Leben zwischen Arbeit, Lesen und Elternbesuchen verbringt. In Chinatown stolpert er über eine Obdachlose, die er kennt, und sein Dasein gerät in Bewegung, mit viel Kuchen. Ein Debüt voller Witz und Wärme, ein Blick hinter die glatte Fassade Singapurs.
Anita Djafari
Dieser Roman ist ein großes Spiel: Sarr erzählt und reflektiert in Einem, und das ist ein so souveränes wie elegantes Jonglieren, mit vielen gewagten Bewegungen, Abläufen und Figuren; ein (intellektuelles) Abenteuer, das sich aus Abenteuern speist, Inhalt und Form sind dabei meisterhaft verschränkt.
Ulrich Noller
Ein Klassiker der japanischen Literatur und hochaktuell: Eine tödliche Lungenkrankheit bedroht die Liebe zweier junger Menschen in einem Sanatorium in den Bergen von Nagano. In dahingetupften Worten fängt Tatsuo Hori ihre wechselnden Stimmungen ein, verwebt die Handlung kunstvoll mit den Jahreszeiten.
Timo Berger
Zwischen Kairo, Khartum und Edinburgh spielen diese vielschichtigen Kurzgeschichten. Sie erzählen von Migrationsbewegungen, schwierigen Romanzen und dem Gefühl der Fremdheit gegenüber vertrauten und neuen Orten. Ein nuancierter und betörender Erzählungsband voller Sehnsucht nach einer Heimat, die es nicht mehr gibt.
Sonja Hartl
Schleuser und Guerilleros beherrschen das Leben im Niemandsland, am Grenzfluss zum rettenden Nachbarstaat, der Mexiko oder Kolumbien sein könnte. Selbst Geburtsstationen sind einzig Orte von Totgeburten und Muttersterben. Sainz Borgo berichtet ungeschönt von der Brutalität unseres Migrationszeitalters.
Ines Lauffer
Eine verfallene Ziegelfabrik. Eine Frau vom Lande, deren Duft die Männer verrückt macht. Ihre unförmige, aber sanftmütige Tochter, die unschuldig ins Gefängnis kommt. Dazu: sprechende Elefanten, gehorsame Bienen, Racheritter und sonstige Hünen. Das ist Phantastik pur — und doch knallharter Realismus.
Claudia Kramatschek
* nominiert für den LiBeraturpreis 2024
** Die Übersetzung der Titel wurde unterstützt durch Litprom mit Mitteln des Auswärtigen Amts
Kontakt:
Marcella Melien
Tel.: 069/2102-246
E-Mail: melien@buchmesse.de