Der Weltempfänger nominiert seit 2008 belletristische Neuübersetzungen aus aller Welt, um damit herausragende literarische Stimmen im deutschsprachigen Raum bekannt zu machen.
Die Bestenliste Nr. 55 als PDF downloaden oder als Plakat bei Litprom anfordern: litprom@buchmesse.de
Die Jury:
Katharina Borchardt, Anita Djafari, Andreas Fanizadeh, Sonja Hartl, Claudia Kramatschek, Ines Lauffer, Ulrich Noller und Ruthard Stäblein
Idee: Ilija Trojanow
Jurysprecherin: Anita Djafari
[Zitat rechts aus: Alia Trabucco Zerán, »Die Differenz«, Platz 1]
Alia Trabucco Zerán, frisch gekürte Anna-Seghers-Preisträgerin 2022, erzählt in »Die Differenz« (Ü.: Benjamin Loy), wie nachfolgende Generationen mit Diktatur und Widerstand umgehen. Guillermo Arriaga will »Das Feuer retten« (Ü.: Matthias Strobel), das die Wut über Ungleichheit und Rassismus entfacht hat. Liao Yiwus Dokumentarroman sucht derweil in »Wuhan« (Ü.: Brigitte Höhenrieder, Hans Peter Hoffmann) nach der Wahrheit. Gleich zwei Romane erzählen von Vergewaltigungen und zeigen damit, wie omnipräsent Gewalt an Frauen ist: Beim Joggen am »Vista Chinesa« in Tatiana Salem Levys Roman (Ü.: Marianne Gareis), oder 1949 in der Negev-Wüste in Adania Shiblis »Nebensache« (Ü.: Günther Orth). Einen Krimi mit außergewöhnlicher Erzählstruktur bietet »Die Aosawa-Morde« von Riku Onda (Ü.: Nora Bartels), während Mariana Enriquez in »Unser Teil der Nacht« (Ü.: Inka Marter, Silke Kleemann) das Horror-Genre nutzt, um über Argentinien zu erzählen.
Drei junge Menschen, Kinder ehemaliger linker Kämpfer*innen gegen die Pinochet-Diktatur, begeben sich in einem wahnwitzigen Roadtrip über die Anden auf die Suche nach einem verlorengegangenen Sarg. Was es heißt für nachfolgende Generationen, weder richtig erinnern noch vergessen zu können, wird in diesem sprachmächtigen Debüt schmerzhaft schön beschrieben.
Anita Djafari
Gespalten zwischen wenigen Reichen, die Angst haben und vielen Armen und Indigenen, die wütend sind, so zeigt Arriaga sein Mexiko. Nicht löschen, sondern retten will der Autor dieses Feuer der Wut und Empörung über Reichtum und Rassismus, durch die Kraft der Liebe, des Tanzes und die Macht seiner Sprache.
Ruthard Stäblein
Das Corona-Virus kommt aus Wuhan. Was Peking aber zu vertuschen versucht. Das treibt Liao Yiwu um, den Wüterich unter den chinesischen Autoren. Deswegen lässt er nun einen Exil-Chinesen ermitteln und schickt einen Historiker auf eine wilde Odyssee ins abgeschottete Wuhan. Recherche meets Burleske!
Katharina Borchardt
Vista Chinesa: Aussichtspunkt in Rio de Janeiro und Joggingstrecke der jungenArchitektin Júlia – bis sie eines nachmittags vergewaltigt wird. In Form eines Briefes an die eigenen Kinder erzählt die brasilianische Autorin mit atemloser Intensität von Vergewaltigung und Trauma, von Ermittlungen und kulturellen Zurichtungen des weiblichen Körpers: hart, ehrlich, lesenswert.
Ines Lauffer
1949: Ein Beduinenmädchen wird von israelischen Soldaten missbraucht und getötet. 50 Jahre später reist eine junge Frau aus Ramallah an den Ort des Geschehens – und durch ein Land voller Wunden und Narben. Der Roman: eine auch formal radikale Reflektion, wie von diesen Wunden erzählt werden kann.
Claudia Kramatschek
Bei einem Geburtstagsfest sterben 17 Menschen, nur die blinde Tochter der Gastgeber überlebt. Über 30 Jahre später versucht eine geheimnisvolle Erzählerin herauszufinden, was damals geschehen ist. Aber manche Wahrheiten sind zu tief verborgen. Ein geschickt und klug konstruiertes Rätsel – erzählt in einer mutigen und innovativen Weise.
Sonja Hartl
Zwischen Mystery, Familienroman, Horror, Coming of Age und zeitgeschichtlicher Erkundung – ein fulminanter, krasser und im besten Sinn merk-würdiger Roman, der die Wahrnehmung torpediert und gleichermaßen befeuert. Über das schwarze Loch im Herzen des Menschseins, in der Mitte der Gesellschaft. In Endlosschleife?
Ulrich Noller
* nominiert für den LiBeraturpreis 2023
** Die Übersetzung der Titel wurde unterstützt durch Litprom mit Mitteln des Auswärtigen Amts
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