Weltempfänger

Der »​Weltempfänger« Nr. 64

Die Litprom-Bestenliste zum Herbst 2024

Über die Bestenliste

Der »Weltempfänger« nominiert seit 2008 belletristische Neuübersetzungen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und der arabischen Welt, um herausragende literarische Stimmen im deutschsprachigen Raum bekannt zu machen.

Die Bestenliste Nr. 64 als PDF herunterladen oder als Plakat bei Litprom anfordern: litprom@buchmesse.de

Die Jury: Timo Berger, Katharina Borchardt, Sonja Hartl, Carsten Hueck, Claudia Kramatschek und Ines Lauffer
Idee: Ilija Trojanow

[Zitat rechts aus: »Offenes Meer« von Luna Sicat Cleto (Philippinen), Übers. Annette Hug, Platz 1]


Der »​Weltempfänger«​ Nr. 64

Die besten Bücher für den Herbst 2024

Die 64. Weltempfänger-Bestenliste bietet für einen heiteren, spannungsreichen oder auch düsteren Sommerausklang viel Lesestoff. Sei es mit einem absurd-makabren Roman aus Japan, einem so persönlich wie zeitgeschichtlich relevanten philippinischen Gedichtband, einer facettenreichen antillischen Anthologie oder einem historischen Roadtrip durchs zaristische Russland — hier ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Luna Sicat Cletos Gedichtband »Offenes Meer« (Ü.: Annette Hug), die erste Übersetzung eines literarischen Werks aus dem Philippinischen (Tagalog) ins Deutsche, ist politisch und persönlich, emotional und international — und bietet durch die zweisprachige Gegenüberstellung nicht nur spannende Einblicke in Geschichte und Kultur des Landes, sondern auch in die Sprache selbst. Platz 1. In Lavie Tidhars Roman »Maror« (Ü.: Conny Lösch), dem ersten Teil eines als Trilogie angelegten Krimi-Epos, geht es um Serienmörder, Gewalt und Drogen, vor allem aber um Macht und Geld. In »Wo der Wind wohnt« (Ü.: Larissa Bender) reflektiert Samar Yazbek mit poetischer Klarheit und durch eine ungewöhnliche Linse hindurch die verheerenden Nachwirkungen des syrischen Bürgerkriegs. Hiroko Oyamada entführt uns mit »Das Loch« (Ü.: Nora Bierich) in eine trügerische japanische Vorstadtidylle, in der sich die plötzlich arbeitslose und zur Hausfrau mutierte Protagonistin mit allerlei Eigentümlichkeiten konfrontiert sieht. Die breit gefächerte Anthologie »Irrschweifen und Lachen«, herausgegeben von Ralph Ludwig, vereint Storys und Essays von 21 Autor*innen von den Antillen — einige davon auch in kreolischer Fassung abgedruckt — und wird ergänzt durch ein umfassendes Vor- und Nachwort. »Der Plakatwächter« (Ü.: Peter Kultzen) von María José Ferrada erzählt in lakonischer und doch hyperpräziser Sprache vom Sonderling Ramón, der eines Tages beschließt, sich auf dem ihm zur Bewachung anvertrauten Coca-Cola-Plakatgerüst einzuquartieren und so von der Welt Abstand zu nehmen. Yaniv Iczkovits‘ »Fannys Rache« (Ü.: Markus Lemke) schließlich ist ein Spiel mit Sprachen und Zeiten im Gewand eines historischen Romans, der die Lesenden auf einen wahnwitzigen, rachedürstenden Roadtrip durchs zaristische Russland mitnimmt. 


1. »Offenes Meer« Luna Sicat Cleto (Philippinen)

Lyrik. Aus dem Tagalog von Annette Hug. Edition Tincatinca. 96 Seiten. 26,00 €

Gedichte, geformt im Spiel der Gezeiten. Auf einer Motorradfahrt durchs wuselige Manila. Im Schein einer Trauerkerze. Unter den Schreien der Marktverkäufer. Wie Geckos schnellen die Verse in eine Zukunft, die gleichzeitig Erinnerung an eine blutige Vergangenheit ist. 

Timo Berger


2. »Maror« Lavie Tidhar (Israel/England)

Thriller. Aus dem Englischen von Conny Lösch. Suhrkamp. 639 Seiten. 22,00 €

40 Jahre israelische Geschichte als gewaltiges Krimi-Epos: Lavie Tidhar erzählt in seinem fulminanten Thriller, wie sich Gewalt und Verbrechen in der israelischen Gesellschaft festsetzen. Ein großer, zorniger Roman, mit viel Härte und Tempo erzählt. 

Sonja Hartl


3. »Wo der Wind wohnt« Samar Yazbek (Syrien/Frankreich)

Roman. Aus dem Arabischen von Larissa Bender. Unionsverlag. 192 Seiten. 22,00 €

Näher kann er dem Himmel nicht kommen. Auf einem Bergrücken liegt Ali und starrt ins Licht. Verletzt durch den Einschlag einer Granate, weiß er nicht, ob er lebt oder schon tot ist. Bruchstückhafte Erinnerungen ziehen an ihm vorbei, voll berauschender Intensität. 

Carsten Hueck



4. »Das Loch« Hiroko Oyamada (Japan)

Roman. Aus dem Japanischen von Nora Bierich. Rowohlt. 128 Seiten. 22,00 €

Oyamada fixiert die Vorortidylle in einem Tableau des Unheimlichen: Die Tage dehnen sich ins Endlose vor der jungen Asa, als sie mit ihrem Mann aufs Land zieht, Garten an Garten mit den Schwiegereltern. Ein Meisterstück des Horror Vacui aus Japan. 

Ines Lauffer


5. »Irrschweifen und Lachen« Ralph Ludwig (Hg.) (Antillen)

Anthologie. Aus dem Französischen von Rike Bolte, Ingeborg Schmutte, Peter Trier und Cornelius Wüllenkemper. Litradukt. 271 Seiten. 15,00 €

21 Storys und Essays von den Antillen, vor allem aus Martinique, Guadeloupe und Haiti. Sie erzählen von den Folgen der Versklavung und feiern zugleich ein unbändiges Lachen. Drei der Geschichten sind auf Kreolisch abgedruckt. Spektakulär dynamische Texte!

Katharina Borchardt


6. »Der Plakatwächter« María José Ferrada (Chile)

Roman. Aus dem Spanischen von Peter Kultzen. Berenberg. 128 Seiten. 24,00 €

Ramón, schlecht bezahlter Plakatwächter, hat die Zumutungen des Lebens satt – und zieht nach oben, auf ein Plakatgerüst. Erzählt von Ramóns kleinem Neffen, liefert Ferrada eine bitterzärtliche Gesellschafts- und Kapitalismuskritik im Gewand des Schelmenromans. 

Claudia Kramatschek


7. »Fannys Rache« Yaniv Iczkovits (Israel)

Roman. Aus dem Hebräischen von Markus Lemke. Unionsverlag. 608 Seiten. 28,00 €

Es reicht. Denkt sich Fanny, als ihrer braven Schwester Mende der Mann wegläuft. Mit Messer am Bein setzt sie dem Abgängigen nach. Gnade ihm Gott! Eine historische Road Novel aus dem zaristischen Russland. Jiddischer Witz meets Frauenpower. Ein Meisterwerk. 

Katharina Borchardt


Kontakt:

Marcella Melien
Tel.: 069/2102-246
E-Mail: melien@buchmesse.de