26 Jahre lang war er Direktor der Mutter aller Buchmessen. Auch nach dem Ausscheiden 2000 aus dem wichtigsten Amt in der Weltgemeinschaft der Büchermenschen war Peter Weidhaas lange Jahre noch »Mr. Buchmesse«, und als Vorsitzender der feinen, aber wichtigen Gruppe der Buchmessen-Direktoren aus vielen Teilen der Welt, war er als Berater so mancher Buchmesse gefragt.
Als er vor 1968 in die Ausstellungs- und Messe-GmbH des Börsenvereins des deutschen Buchhandels eintrat, um deutsche Buchausstellungen in aller Welt zu organisieren, hatte Peter Weidhaas schon ein recht bewegtes Leben hinter sich: Tramp-Reisen durch Europa, Buchhändler gelernt, graphische Techniken in Dänemark studiert und dort auch gearbeitet, er war Hersteller bei Thieme in Stuttgart. Erzählt hat er das und viel mehr in seinen Erinnerungen »Und schrieb meinen Zorn in den Staub der Regale« (Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1997), die u.a. auch ins Chinesische übersetzt wurden. Als ein nur unwesentlich Jüngerer kenne auch ich die Neugier gerade im Ausland, wo viele wissen wollen, was denn an dieser Generation vor den »68ern« kennzeichnend gewesen sein könnte.
Der ironische Zorn des Titels war indes schon damals etwas anderes; sein Fernweh, seine Neugier auf Anderes verwandelte sich in selbstkritische Blicke auf sich selbst und die deutsche Gesellschaft, paarte sich mit politischer Sensibilität und Engagement für jene, denen Bücher existentiell sind, keineswegs nur Waren. Konsequent daher, dass seine Idee der Schwerpunkt-Themen der Frankfurter Buchmesse mit Lateinamerika (1976) anfing, als auf dem von Peter Weidhaas geliebten Kontinent Militärdiktaturen walteten und manch eingeladener Autor im Gefängnis saß oder im Exil.
Konsequent auch, als er 1980 zusammen mit Hermann Schulz, Verleger des Peter Hammer Verlags, die »Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika (heute Litprom e.V.)« aus der Taufe hob, die sich der oft zu Unrecht verkannten Literatur des globalen Südens annahm. 1980 war auch das Jahr, als die Buchmesse sich in spektakulärer Weise dem literarischen Kontinent Afrika südlich der Sahara zuwandte.
Seinem Engagement für die Freiheit des Wortes entsprach, dass sich die Frankfurter Buchmesse zu ihrem 50. Jubiläum 1998 der internationalen Initiative »Städte der Zuflucht« für verfolgte Autorinnen und Autoren anschloss und es so ermöglichte, dass Frankfurt am Main einem Autor oder einer Autorin in Not Zuflucht gewähren konnte.
Folgerichtig auch, dass bei den großen Konflikten, die er im zweiten Band seiner Erinnerungen »Und kam in die Welt der Büchermenschen« (Chr. Links Verlag, Berlin 2007) schilderte, oft genug die Trennlinie zwischen den Großen und den Kleinen lag. Auch wenn Peter Weidhaas dem Gespräch mit den Großen der Welt nie abhold war, so engagierte er sich doch mehr für die kleinen Verleger, die benachteiligten Buchnationen, die Autorinnen und Autoren in Not. Das Gesamtkunstwerk Frankfurter Buchmesse für alle Beteiligten zur Zufriedenheit aller zu organisieren, war freilich ohne Teamwork nicht möglich. Als Gratwanderer zwischen Markt und Macht, zwischen Geist und der Ware Buch hat Peter Weidhaas immer auf die Menschen geachtet. Gemeinhin nennt man so einen Büchermenschen einen Menschenfänger.
Litprom trauert um seinen langjährigen Vorsitzenden, der am 6. November 2024 starb und am 19. November 2024 in Mainz beigesetzt wurde.
Peter Ripken
[Dieser Nachruf ist auch erschienen auf boersenblatt.net]